Ich bin mit meinem 5 Jahre älteren Bruder, der im Alter von 21 Jahren wegen eines Autounfalls starb, zusammen aufgewachsen. Sein Name war Alexander Suh. Für mich war er „Alexander der Große!“
Er war mein sportliches Idol.
Wenn er zum Taekwondo ging, ging ich auch, als er Tischtennis Leistungssportler wurde, meldete ich mich auch im Tischtennis Verein an.
Er ging ins Fitness Studio, ich machte dasselbe.
Ich wollte eigentlich so sein wie er, weil mir sein Lebensstil gefiel. Als er ging, schwor ich mir und meinen Eltern, dass ich dann für zwei weiter leben würde.
Alle weiteren Schritte musste ich nun ohne ihn machen, aber ich sagte mir immer wieder, “Er hätte das auch gemacht”.
Meine Lebenseinstellung wurde bewusster und sensibler. Ich kostete das Leben in vollen Zügen aus und machte das, was mir gefiel.
Dies begleitet mich bis zum heutigen Tag.
Ich mache, was mir gefällt. Ich tue es. Ich tue es immer dann, wenn ich die Richtigkeit darin sehe. Ich lasse mich leiten von meinem Gefühl und schalte mein Kopf trotzdem dabei ein!
Eines Tages kam ich in Berührung mit der Yoga Philosophie. Es hieß, „Lebe im Hier und Jetzt“, Gestern war gestern, heute ist heute, um die Zukunft brauchst Du Dir keine Sorgen zu machen.
Ich war irritiert.
Hatten die Yogis vielleicht dieselben Schicksalsschläge wie ich durchgemacht? Ich war wie vom Blitz getroffen und es interessierte mich brennend was dahintersteckt.
Eigentlich ist es einfach zu erklären, wir, alle Menschen kosten den Moment nicht in vollen Zügen aus.
Man lebt zu sehr in der Angst etwas Falsches zutun. Man nimmt sich selbst an die Kandarre und man lähmt sich, weil man Dinge nicht ausprobiert, obwohl man eigentlich Lust dazu hätte.
Den Willen und den Mut will und kann man nicht aufbringen, da man schlicht und einfach Angst vor den negativen Konsequenzen hat.
Meine neue Lebensansicht des bewussteren Lebens half mir, mich aus meiner Komfortzone zu bewegen.
Mein Vater träumt heute noch davon, dass ich Lehrer an einer Schule werde, um das „sichere“ Leben eines Beamten zu führen.
Was ist denn heutzutage sicher? Welche Sicherheiten bietet mir mein Leben?
Mit 41 Jahren kann ich für mich selbst behaupten, dass nichts so sicher ist, wie die ständige Veränderung des Lebens.
Man ist den Gegebenheiten des Alltags manchmal nahezu ausgeliefert und man hat Angst vor Veränderungen.
Ein Klient von mir sagte einmal „Das Leben ist lebensgefährlich und endet immer mit dem Tod“.
Ist dies zu negativ ausgelegt, oder einfach nur realistisch?
Wenn man sich dies vor Augen hält, wird die Angst eingedämmt. Man kann bewusster leben und sich die Sorgen vom Leibe halten.
Kontrollverlust ist etwas, was mir nicht gefällt. Daumen runter. Ich kann es nicht mehr kontrollieren und die Dinge entgleiten mir. Was nun?
Ich versuche alles, um einer gewissen Routine aus dem Wege zu gehen, mein Alltag soll Schnörkel haben. Herausforderungen, wo seid ihr?
Ich bin kein Mensch mit geraden Linien und ich mag die Dynamik des Lebens. Manchmal, das gebe ich gerne zu, kam ich in Lebenssituationen, die ich nicht mochte, aber letzten Endes war alles genau richtig so! In Köln sagt man “Et kütt wie et kütt”!
Ishvara pranidana heisst es im Sanskrit, das heisst soviel wie „Vertrauen in eine höhere Kraft legen“, oder Gottvertrauen haben.
Meine Religion ist das Christentum, aber ich bin eigentlich sowas wie ein „Weihnachtschrist“.
Das ist weder gut noch schlecht, das ist einfach so!
Yoga hat mich gelehrt die Dinge zu akzeptieren.
Akzeptanz zu haben, ist etwas was ich lernen musste und lange Zeit dafür gebraucht habe.
Denn ich habe schon als kleines Kind versucht die Dinge zu verändern und zu verbessern. Das hat mir nicht nur Annehmlichkeiten beschert. Mein Vater versuchte mich immer in ein Schema zu pressen und angepasst zu sein.
Zudem kommt noch meine koreanische Kultur dazu.
In der koreanischen Gesellschaft heisst es immer „Das macht man nicht“, „guck mal, der Sohn/Tochter von Familie X macht das so und so, wieso nimmst du dir kein Beispiel daran? Angepasst sein heisst, keine Schande zu bereiten.
Rückblickend ist das schon sehr prägend, aber es hat mir geholfen mich auszubalancieren.
Ich versuche daher immer die Mitte zwischen „Wagnis und Regeln“ zu finden. Ich kann gut Fünfe gerade sein lassen und kann mich aber auch sehr gut an Regeln halten.
Daher bin ich als „Kyopo“ (Die im Ausland lebenden Koreaner) eine Symbiose beider Kulturen.
Ich beobachte bei den Menschen eine gewisse Unentspanntheit in der Begegnung mit unbekannten Dingen und Situationen.
Wie oft gelingt es uns aus der Komfortzone herauszukommen? Wie oft können wir im Alltag Dinge verrichten, die uns inspirieren? Wie oft tun wir Dinge nur für uns selbst?
Der Dalai Lama riet einmal, sich eine Stunde am Tag sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Ein guter Tip!
Ich mache daher oft eine Verabredung mit mir selbst und lebe/liebe/mache etwas, was nur ganz für mich selbst ist. Ich gönne mir ein Eis im Sommer, ich gehe in die Sauna im Winter. ich lasse mich einmal die Woche massieren, um eine Verbindung mit meinem Körper und seinen Wehwehchen zu finden. Schmerz ist die Chance etwas zum Besseren verändern zu können.
Frage nicht nach dem „Warum nur immer ich“?, sondern frage nach dem „Was kann ich daraus lernen“?
Stelle Dir mal vor wie schön es ist jemanden etwas zu schenken, was nur für ihn oder sie ganz persönlich ist. Wie groß ist die Freude darüber?
Stell dir nun vor, die Person, die Du beschenkst mit Deiner Zeit, bist Du selbst!
Ist das nicht schön sich selber etwas zu schenken? Du profitierst gleich zweimal davon…
Inspire yourself!
Namasté, dein Stephan